Revolving TransAfrica
meine Reise in 100 Tagen von Cape Town nach Cairo
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in 100 Tagen von Kapstadt nach Kairo
Ich bin vollgesogen mit Eindrücken, das Tempo der Reise war recht schnell – und es braucht einige Energie, sich immer wieder in die Länder mit ihren Sitten und Situationen einzulassen. Die gefühlte endlose Zeit, ein Phänomen, dass ich im Schweizer Daily Alltag nie habe, das Herunterfahren, die Entdeckung der Langsamkeit und der Beobachterstatus des Reisenden machen das aber möglich und ganz gut erträglich.
Vom Reisen in der Kiste mit 10 Wildfremden hatte ich mehr Bedenken, die aber weitgehend falsch waren. Es geht gut, vorausgesetzt, man bringt sich aktiv in eine Gruppe ein und teilt sich mit. Von dem Her war die Reise ein tägliches Erproben und Ausloten in der Gruppendynamik, dauerndes Beobachten und sich reflektieren – Gas geben und sich wieder zurücknehmen und viel Lachen. Und das ging eigentlich immer gut, auf der Südetappe wunderbar, dass der Abschied fast ein bisschen bewegend wurde - auf der Nordetappe ein bisschen harziger und zeitweilen auch nervig.

Cool bleiben, Grosszügig sein, Augen zudrücken, merken, dass man selber auch ein bisschen komisch ist, Lernen von anderen, Interesse zeigen, danke sagen und nochmals lachen, lachen, lachen. Und ich habe in der Gruppe tolle Leute kennengelernt – wirklich tolle! Und mit Momenten, die auf die eine oder andere Art zusammenschweissen...
Irgendwie freue ich mich auf die Schweiz und mein Umfeld – auch ein bisschen Komfort kommt mir sicher grad gelegen... Das Wetter resp. die Kälte ist nach über 3 Wochen Wüstenhitze ein kritischer Punkt – aber meine Rückkehr ist ja auch nur ein kurzes Umpacken – ich fliege noch ans Rote Meer und lerne Tauchen, auch ein Projekt, dass ich schon lange vor mir hinschiebe.
Ja, ich würde es sofort wiedermachen – nicht lange überlegen, kurz ausloten, handeln und dann auf und weg!
Dem tollen gewohnten Alltag mit all den (Un-)Annehmlichkeiten mal einfach ein Schnippchen schlagen und das Ganze ein bisschen aufpeppen – mit was auch immer – Transafrica scheint
Der letzte Fahrttag, dann ist das Ziel erreicht – heute versuchen wir die Schnellstrasse des Militärs auf der Westbank und das funktioniert.
Der Highway durch die Wüste, 600 km eigentlich durchs Nichts, erst 2, dann 4 und schlussendlich 6 spurig, irgendwo mittendrin im Nowhere eine Raststätte, das Ganze mit ziemlich null Verkehr – perfekt für den letzten Fahrtag.
Auf Cairo mag ich mich anfangs irgendwie gar nicht mehr so richtig einlassen – zu gross und zu bewegt – mein Memoryspeicher ist ohnehin full.
Aber das Cairo ist nach 20 Jahren leicht anders – sie haben doch ein bisschen Infrastruktur gebaut, der Verkehr ist nach wie vor ein Erlebnis und die Stadt kennt leichten Dichtestress... Ich raffe mich auf und gebe der Stadt nochmals eine Chance – die Pyramiden und das Ägyptische Museum (wieder so ein Attentat Platz) sind ein guter Abschluss der bewegten Reise.
Die Fahrt durch die Stadt ist rasant, thrilling und beste Unterhaltung – die Pyramiden beeindruckend und das Ägyptische Museum begeistert mich.
In diesem alten Museum lagern Tonnen von Fundstücken, das Ausstellungskonzept ist ziemlich démodé aber irgendwie ganz charmant, weil ruhig und unaufgeregt, ohne interaktive und blinkende Lichtinstallationen... Und mit diesem Museumsbesuch staune ich, was die Ägypter vor 3'000 Jahren für ein reiche Kultur hatten – alles in Formen und Farben, die heute wunderschön sind.
Neben dem Museum, dass direkt am Tahrir Platz liegt, stehen Panzer bereit, den „berühmten“ Ort jederzeit zu sichern.
Der letzte Tag zeigt viele Gegensätze, Grandezza, Tempo, Grösse, Schönheit, Dreck, Abfall, Staub... mich fasziniert Cairo, auch wenn ich viel zuwenig gesehen hatte für ein abschliessendes Urteil.
Aber einmal mehr lerne ich – es ist dann schlussendlich meistens anders als man dachte und sich positiv überraschen und begeistern lassen ist ein gutes Konzept.
Warum verstehen wir mangels Arabisch und Englisch Kenntnissen nicht – ein Handzeichen irgendeines Offiziers sagt aber nicht gerade aus, als würden wir den Abend noch erleben...
Und so fahren wir dem Nil entlang, meist parallel zur Eisenbahn durch alle Dörfer und Städte – vor allem aber über gefühlte 1'000 Strassenschwellen... und wie fast schon gewohnt unzählige Polizeikontrollen.
Die sind so richtig gross angelegt, gemauert, fest installiert, brachial, hierarchisch – Schwellen, dann ein Häuschen mit einem meist minderjährigen Rekruten drin, der falls das Fahrzeug nicht zum Stoppen käme, das mit einer Reissleine nachholen würde.
Immer 3, 4 Maschinengewehre rechts und links im Anschlag und in der Mitte der Kommandoposten, rauchend, Tee trinkend, überlegend, ob man aufstehen soll - kurz, wo man weder schlau wird, wer in Charge ist, noch wer draus kommt.
Intessanterweise, trotz dieses üppigen Kontrollapparates ist die gefühlte Sicherheit nahe null... Die Fahrt ist aber irgendwie schön und so ist auch Luxor, das alte Theben – der Touri-Spot in Ägypten. Wir ziehen zu Fuss zur Corniche-el-Nile, der Uferpromenade.
Wir wollen zum After-noon Tea oder auf einen GT ins Winterpalace Hotel, die edle Grand-Dame aus der Jahrhundertwende. Auch dieses Projekt versagt kläglich, wir sind zuwenig chic angezogen für das noble Etablissement...
Sie könnten einem fast leid tun... wir retten uns und geniessen ein Aperöli am Nil...
Die in die Tiefe geschlagenen Felskavernen sind je nach Regierungsdauer des Herrschers grösser oder kleiner – der Baubeginn war jeweils kurz nach Krönung und es wurde gebaut bis zum Tode, tiefer und tiefer.
Wir besuchen die Gräber des Tausret und Sethnacht, Siptah und des Merenptah – und natürlich das des Kinderkönigs Tutanchamun, das entäuschend klein ist...
Man darf maximal 3 Gräber besuchen, es sind meist nur etwa 10 von den 64 offen – man schliesst sie bewusst, um sie vor dem Zerfall zu schonen. Und das Fotografieren ist strikt verboten – das erste Mal in Afrika ist man wenigstens so gründlich konsequent, dass weder Kamera noch Mobilfon ins Tal genommen werden dürfen...
Und zu guter Letzt auf der anderen Nilseite die Karnak-Tempel, als größte Tempelanlage von Ägypten mit dem grossen Säulensaal, wo 134 wunderschön verziehrte Pylonen nahe beeinander stehen.
Diese Straße wird von der Stadt heute wiederhergestellt, soll 11 Millionen Dollars kosten und sie sind schon recht weit. Es zeigt von Hoffnung, dass der touristische Bär hier wieder tanzt und die beeindruckenden Leistungen der Vorfahren wieder sichtbar werden.
Die Chancen stehen nicht schlecht – wenn sie die Polizeikontrollen unnötig machen, die nervigen Souvenirverkäufer bändigen und das ganze Niveau noch vom Pauschaltourismusgroove weglotsen. Aber vielleicht ist Ägypten nach über 90 Tagen Afrika einfach ein bisschen too mötschele und ich müsste für ein zweites Bild wiederkommen...
Aswan erreichen wir per Konvoi, der eben niemals einer war... Ich weiss nicht, aber dieses Land ist schwierig zu verstehen. Die Fahrt von Abu Simbel nördlich darf nur im Konvoi, entweder um 10 oder 16 Uhr erfolgen – diese Organisation ist noch ein hier noch einzig übriggebliebenes Relikt aus Zeiten der Attentate.
Mit dem Bau der Delta Barrages in der Mitte des 19. Jahrhunderts und dem Aufstauen des Nils begannen die Überlegungen mit künstlichen Bewässerungen zusätzliche Anbaufläche zu schaffen.
Die Engländer bauten dafür 1902 die erste Assuan Staumauer, in den 70er Jahren folgte weiteroben der Aswan High Dam, ein Gemeinschaftsprojekt von Ägypten und der Sowjetunion, weil damals die westliche Welt das Projekt nicht finanzieren wollte. Der Damm ist riesig und militärisch scharf besetzt (oder feiner gesagt gesichert).
Wir besichtigen das Bauwerk, das den grossen Nassersee mitten in der Wüste aufstaut – ziemlich interessant mit all den Themen über Sinn und Unsinn dieses weissen Elefanten.
Das Gute ist, der Nil kann und konnte in der Vergangenheit erfolgreich reguliert werden, Dürrekatastrophen wie auch Überschwemmungen verhindert werden. Ein bisschen Strom wirft er auch ab und unterhalb der Mauer ist der Nil krokodilfrei, was uns später sehr zu gut kommt.
Die Nachteile waren die „Versenkung“ vieler Kulturgüter und –denkmäler im See, die Umsiedelungen, das Ende des Nilschlammes für die Düngung und überhaupt der Eingriff in die Natur. Aber das war damals im Kalten Krieg auch nicht so ein Thema...
Die Überflutung von Tempeln können wir am Mittag bei den Tempeln von Philae mit den eigenen Augen sehen, hier waren es aber noch die Engländer, die die Bauwerke über 50 Jahre im Wasser stehen liessen.
Per Boot erreichen wir die Insel, das Ganze ist sehr touristisch – die Souvenirs werden mit einer unglaublichen Aufdringlichkeit fast nachgeworfen und man könnte fast sagen, es nervt...
Am Nachmittag besteigen wir eine Felucke, ein einmastiges Segelschiff – ein wahnsinnig gutes Erlebnis. Wir entfliehen mit dem Schiff in die Ruhe, kein Motor, nur der Wind – betrachten die Stadt vom Nil her – in guter Distanz. Wir segeln nilabwärts und –aufwärts, verbringen die Nacht auf der Barke am Fuss des Mausoleums von Aga Kahn III.
Nichtstun, rumliegen, im frischen Nil baden ohne Ende – einfach toll und es hätte noch viel länger gehen können... Und so bin ich von Aswan ziemlich begeistert, die touristische Stadt, die grad sehr in einer Flaute ist, es läuft eigentlich gar nichts.
Ich bewundere Ali, unseren Segelkapitän, seine Ruhe und Geduld mit dem Nil und dem Wind.
Abendessen in einem nubischen Haus bei der Kusine von Mohammed, man hält sich zwei Krokodile als Haustiere, wir erfahren einiges über den lokalen Lebensstil – der irgendwie sehr sippenhaft nahe verstrickt ist und ich nie-und-nimmer überleben würde... im Dunkeln tuckern wir zurück durch die Cataracts, hinten die hellerleuchtete Stadt zurück zum Adam’s Home, wo wir das letzte Mal im Zelt und, weil wir unterdessen ja so geübt sind, im Sand schlafen.