Dienstag, 31. März 2015

Addis!

Addis Abeba oder Ababa, die Kurzform einfach ein sexy ausgesprochenes Addis, übersetzt „Neue Blume“ – ich bin schon seit Tagen gespannt auf die Hauptstadt Äthiopiens.
Endlich kann ich mir ein Bild machen, von einem Ort, durch Gelesenes und Gehörtes in einem obskuren Fantasiebild gefangen. Der erste, leicht verwirrende Eindruck ist die Autobahnauffahrt gut 60 km vor der Stadt. Einerseits, weil ich fast vergessen habe, was eine Autobahn ist und andererseits weil diese so neu und chic ist, dass ich es kaum fassen kann.
Der Dino gleitet in einer Ruhe über den Belag mit wenig Verkehr, smooth, man könnte meinen, man fliege auf einem Teppich auf Addis hinein...
Mein zweiter Eindruck ist die massive Bautätigkeit – die Stadt scheint zu boomen. Nach der Autobahnabfahrt mehr Verkehr, aber da es sonntags ist, kommen wir auf der neuen vierspurigen Ring Road gut in die Stadt hinein. Und es ist sowas von anders, als ich mir das vorgestellt habe... Die Stadt liegt auf einer Fläche von etwa 250 km² und zwischen 1'800 und 2’800 Metern Höhe am Fuße des Bergs Entoto und ist damit die dritthöchstgelegene Hauptstadt der Welt.
Quasi in der Mitte das Landes ist sie  nicht nur politische Hauptstadt, sondern auch das wirtschaftliche und soziale Zentrum von Äthiopien. Die Stadt ist erst gut 120 Jahre alt und wurde damals nahe dem Hauptlager von Meneliks gegründet.
Nach einem rasanten Aufschwung und einer kurzen Episode von italienischer Besatzung wird Addis seit den 1950er Jahren als inoffizielle Hauptstadt Afrikas angesehen und ist seit 1963 Sitz der Afrikanischen Union.
Es wird eine Stadtbahn mit 3 Linien gebaut (wieder sind die Chinesen mit 60% Direktinvestitionen drin) und man wartet ungeduldig auf deren Inbetriebnahme, geplant auf Ende 2013, immer wieder verschoben, obwohl sie schon recht fertig aussieht.
Kurz nach Ankunft beschliessen wir zu viert eine kleine Spritzfahrt ins Zentrum zu machen - ich bin schlecht vorbereitet, habe eigentlich keine Ahnung, wo Norden liegt – keine Vorrecherche getrieben (was aber auf dieser Reise auch schier unmöglich ist, da ich seit über 60 Tagen mentally nur noch im Fast-Verarbeitungsmodus der grandiosen Eindrücke bin....).
However, die Taxis sind Marke Lada und leicht jünger als ich – ich bin sicher, die wurden alle noch zu Zeiten des Kalten Kriegs in Verkehr gesetzt. Der Taxifahrer des Englischen nicht mächtig und wir lernen sehr schnell, dass Begriffe wie City Center oder Cathedral (gut von denen gibt es eben zuviele) uns nicht weiterbringen.
Und so fahren wir los nach Gefühl, der Reiseführer auf den Knien – und ich freue mich wie ein kleines Kind, als auf einmal auf der rechten Seite das British Embassy auftaucht (genau wie das die Karte zeigt) und somit bestätigt, dass wir auf dem „richtigen“ Weg sind. Leicht irritierend sind nur die wiederholten Kreuzzeichen des Fahrers an jeder Kreuzung...
Unser Taxifahrer hält dann kurz nach der Churchill Road und strahlt uns mit grossen Augen an: „Cathedral!“ -  wir wissen bis heute nicht, welche das war. Und so erkunden wir die Stadt by foot und verschaffen uns ein erstes Bild, dass alles andere als klar ist.
Ziemlich viel Kontrast: moderne mehrstöckige Gebäude finden sich neben traditionellen ein- oder zweistöckigen Häusern, elegante Geschäftstätigkeit neben Strassenkindern, Bettlern und verstümmelte Menschen, chice Auto neben Eselskarren, breite Boulevards neben staubigen Strassenwüsten und die Müllabfuhr erfolgt manuell... Die Einwohnerzahl kann man nicht so genau erfragen, von 3 bis 5 Millionen, Manti, die Hotelbesitzerin meint, es seien eher 9 Millionen... Mein Problem in diesen 2 Tagen ist einfach, ich sehe diese Menge nicht. Mir erscheint die Stadt trotz der Grösse extrem ruhig und gelassen. Und ich bin nach kurzer Zeit nur angetan...
Komischerweise (oder rein instinktiv) finden wir den Hot Spot für unseren Apéro: „Churchill View“, die Einheimischen treffen sich hier im Chic der 70er Jahre overlooking the City...
Am Abend sind wir in einem typischen Totot Restaurant, Injera, das Fladenbrot und eine traditionelle Tanzshow, die ganz mitreissend ist. Die Atmosphäre und der Service sind mehr als perfekt - beste Erlebnisgastronomie, die man sich bei uns oft wünschen würde.
Am nächsten Tag nehmen wir uns den Mercato vor – der größte Freiluftmarktplatz in ganz Afrika bietet geschätzten 13.000 Menschen Arbeit.
Mit einem Führer werden wir professionell durch den gut strukturierten Markt geführt, klar eingeteilt nach nach Produkttypen, d.h. Stände mit Weihrauchzubehör, Gewürzen, Geschirr, Textilien, lebende Hühner und eine riesige Strasse von Schuhen und insbesondere Turnschuhen, die von weitem fast wie Orginalteile aussehen. 2 Stunden Mercato und man ist k.o. – und hat einen sehr umfassenden Eindruck von Addis - der Charme, der Witz, das Tempo, die Geschäftigkeit – quasi das Vollprogramm im Schnelldurchlauf. Wir verziehen uns in ein kleines Restaurant zu St. George Bier und irgendwann dann einer Kaffeezeremonie – Addis rocks!

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