Freitag, 3. April 2015

Im Hochland von Abessinien

Die N3 führt westlich über den mit Eukalyptus bewachsenen Entoto – die Strasse windet sich auf 2'800 m hoch und verbleibt dann auf dem Hochplateau des „Hochlandes von Abessinien“.
Auf weiten Ebenen sind Felder angelegt und zwischen den Hügeln grasen Rinder und Schafe.
Die vielen, kleinen Gehöfte sind gepflegt mit Zäunen eingemacht und strahlen eine aufgeräumte Stimmung aus.
Das Heu wie auch die Kuhfladen werden in schönen, Zuckerhut förmigen Haufen aufgeschichtet. Die Fahrt hat etwas Meditatives – ich kann mich fast nicht sattsehen.
Irgendwann fällt die Strasse ab – die Sicht wird frei auf die durch Schluchten zerteilte Landschaft. Vorbei an Debre Libanos erreichen wir den oberen Rand der spektakulären Nilschlucht. Die Strasse, in den Grundzügen von den Italienern während ihres kurzen Intermezzos der Besatzung von 1935 bis 1941 gebaut, windet sich von 2'500 m über 1’300 m hinunter.
Die 18 km Talfahrt über mal mehr, mal weniger steile Serpentinen eröffnet atemberaubende Blicke in die weite Nilschlucht.
Bei der neuen, 2008 gebauten Nilbrücke auf 1'030 m ist es brütend heiss wie in einem Kessel und ein Halt wie auch das Fotografieren sind eigentlich nicht gestattet (ein durchwegs weitverbreitetes Thema in Afrika - Brücken, Staudämme und ähnliche Bauwerke sollen hier auch zu Zeiten von Google Earth unsichtbar bleiben, chapeau) – und doch darf man dann, einfach nicht zu weit, man versteht den Auftrag der Wachsoldaten nicht wirklich...
Auf der anderen Talseite zieht sich die Strasse wieder über 17 km hoch, der wenige Verkehr besteht eigentlich hauptsächlich aus Lastwagen, die Strasse nützt sich auch dementsprechend ab, was aber bei der Hitze und bei den Ladungen ganz logisch wird. Unser Nachtquartier ist in Debre Markos, eine aufstrebende Universitätsstadt mit viel jungem Leben.
Auf unserem Weg zum Lake Tana viel Verkehr – unglaublich viele Menschen links und Eselskarren rechts sind auf der Strasse um zum Markt nach Finote Selam zu ziehen.
Wir stoppen in Tilili zu einem Käffeli und wir sind einmal mehr wieder mittendrin, sodass der Ort irgendwie unvergessen bleiben wird, auch wenn der Fleck auch einfach durchfahren werden könnte. Aber unterdessen haben wir fast schon ein Gespür für die wahren Hot-Spots...
Bahir Dar erreichen wir früh, dass wir uns auf der Terrasse des Tana Hotels, das 1977 mit wunderbar kommunistischem Charme von der damaligen staatlichen Hotelkette erbaut wurde, mit einem St. Georgis Bier stärken können.
Die schnell wachsende Stadt liegt wunderschön am Tana-See und hat mit ihren Palmen (auf 1'810 m notabene) einen paradiesischen Charme.
Im Tana-See, welcher der grösste Binnensee Äthiopiens ist, liegen insgesamt 37 Inseln, mit etlichen Klöstern und Kirchen. Diese spielten während der christlich-muslimischen Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert eine grosse Rolle, da sie als sicherer Rückzugsort dienten.
Wir besuchen mit dem Boot die Zeghie Halbinsel und dort die Kirche Azoa Maryam und das Kloster Ura Kidane Meheret.
Die typischen Rundkirchen mit 3 Bereichen, werden in Äthiopien seit dem 14. Jahrhundert gebaut – der äusserste, der Wandelgang für die musikzierenden Debteras, der mittlere, der Keddest,  als Hauptraum mit den Malereien und im Innersten der zentrale Kubus als das Allerheiligste, wo nur Priester und Novizen Zutritt haben. Die beeindruckenden Malereien begeistern und die farbenfrohen Zeichnungen zeigen Darstellungen aus der Bibel und äthiopischen Heiligen. Und so bin ich begeistert von den absolut genialen Zeichnungen und man kann immer wieder Neues entdecken – meine anfängliche Skepsis verfliegt im Nu. Die Illustrationen sind auch durchwegs grausam – klare Ansagen.








Und ein charmantes Detail ist die Darstellung von Personen – „Gute“ sind frontal zu sehen, also mit beiden Augen, während the „bad guys“ nur seitlich mit einem Auge abgebildet sind.
Unser Führer weist darauf hin, dass eine solche Logik in einem Land mit viel Analphabetismus sehr wichtig sei!
Und wir schauen uns fragend an, warum der heilige St. Georgis auf der Bierflasche wohl nur mit einem Auge erscheint – viva!
Nach unserer Rückkehr geniessen wir an der Strandpromenade von Bahir Dar den weltbesten „Fish in the foil“ im hippen Lake Shore Restaurant.
Zum Abschluss besuchen wir noch den Tis Issat, die Wasserfälle des Blauen Nils.
Dieser entspringt östlich von Bahir Dar aus dem Tana-See – Quellen sind viele Zuflüsse in den See, die Hauptquelle ist jedoch beim Dorf Gish Abay, wo der Kleine Nil, der bei den christlichen Äthiopiern als heilig gilt, entspringt.
However, wir sind in der Trockenzeit unterwegs, was die Fahrt über die „gottsjämmerliche“ Staubpiste zum ein geschüttelten Erlebnis macht.
Die Fälle sind trotz der sehr bescheidenen Wassermassen und die Wanderung über die Brücken, die alte von den Portugiesen erbaut und die neue Hängebrücke von der Entwicklungshilfe als Abkürzung, sehr schön – der „touristische“ Spot dient der lokalen Bevölkerung als Weg zum lokalen Markt, mit Sack und Pack auf Eseln, was ihn sehr charmant macht.
Und ich merke wieder einmal, dass ich dem Daily-Life hier wahrscheinlich nicht ganz gewachsen wäre...

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