Sonntag, 5. April 2015

Gondar

Die ehemalige Kaiserstadt südlich des Semien Gebirges liegt auf gut 2'200 m. Ruinen und ehemalige Päläste, italienische Zweckbauten und moderne Gebäude aus der postkommunistischen Ära lassen einem die Stadt direkt ins Herz wachsen.
Wir wohnen mittendrin in der Fasil Lodge, der absolut perfekte Ort ausser dem kleinen, aber nicht zu unterschätzenden Makel, dass es mitten im Fadenkreuz von den 7 Kirchen rund um den Gemp liegt. Damit ist es die Prime-Location für die orthodoxen Bet-Rufe, die als monotones, unverständliches Geschrei nicht zu toppen sind.
Und das Palmsonntag-Weekend macht diese zum 24-Hour Erlebnis...
Mitten in Gondar ist der Gemp, der Palastbezirk, welcher Kaiser Fasilidas im 17. Jahrhundert erbaute und von seinen Nachfolgern weiterentwickelt wurde und von Kultur zeugt, die man für fast unglaublich hält.
Mit dieser Anlage war Gondar bis 1769 die kaiserliche Hauptstadt Äthiopiens, aber auch später ist dieser Ort immer wieder Mittelpunkt des Geschehens.
So haben die Italiener während ihrer Besatzungszeit, welche an mussolinischem Grössenwahn nicht zu übertreffen war, hier ausgiebig residiert und ihr Ende 1941 finally in der kampfreichen Schlacht um Gondar gefunden.
Während der kommunistischen Zeit von 1975 bis 1991 war die Stadt ein Zentrum der Menegistu Anhänger, welches mit dem in der Unterstadt liegenden Aufmarschplatz heute mit ein bisschen Fantasie fast erlebbar wird. Und so kommt mir in Gondar die nicht ganz triviale Geschichte Äthiopiens sehr nahe.
Wir besuchen die Kirche Debre Berhan Selassie mit der Engelsdecke.
Die ehemalige Rundkirche wurde 1888 von sudanesischen Mahadisten zerstört und kurz danach in Angriff genommene Neubau erfolgte in der rechteckigen Form.








Die typischen Gemälde und die 3 Bereiche sind aber auch in dieser Form übernommen worden.
Ich bin unterdessen schon ein Fan von diesen Kirchen und entdecke immer neue Details mit für mich untypischer Begeisterung: So ist das Kreuz auf dem Dach rundlich mit 7 Enden, welche als Kreuzigungsnägel Jesu Christi die Sünden der Welt symbolisieren. Und über die Enden werden Strausseneier gestülpt, welche den Schutz Gottes und die Erlösung der Sünden repräsentieren.
Später besichtigen wir das beim Aufmarschplatz der Derg-Kommunisten liegende Bad des Fasilidas, welches als Sommerresidenz und Lustschloss diente.
Das grosse Becken wird alljährlich zum Tauffest am 19. Januar mit Wasser gefüllt und dient dann für ein ausschweifendes Bade-Fest zur Erinnerung an die Taufe Jesu Christi. Heute ist der Ort mystisch ruhig – wir sind alleine unterwegs - und ist damit wieder ein Mosaikstein im einfach faszinierenden Äthiopien!
Später tauchen wir ins Street-Life Gondars ein:
Bier an der „Poststrasse“ vom leicht erhöhten Podest, Power-Fruchtsmoothie auf der Top Damera Dachterrasse, Turnschuh-Putzaktion und direkter Kontakt mit den Strassenkindern.
Durch unsere Gruppendynamik erleben wir die verschiedenen Facetten hautnah - es ist immer erneut verwirrend, was man denken oder fühlen soll – wahrscheinlich ist es halt einfach wieder eine Übung mehr im weniger Denken und Werten!

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