Donnerstag, 9. April 2015

Semien Mountains

5 Tage wandern – weit hinten links weg vom Schuss. Irgendwie könnt ich mir auch anderes vorstellen, mir scheint das Stadtleben in Gondar grad ungemein attraktiver. Aber – einmal mehr – darf ich mich dem straffen Programm fügen...
Fenta, unser Guide nehmen wir schon in Gondar mit – und auf dem Weg nach Debark habe ich an einem Aussichtspunkt einen ersten Eindruck – der aber nie und nimmer dem entspricht, was mich dann noch erwarten wird.
In Debark, dem Basislager des Semien Nationalparks laden wir Koch und Gefolge auf wie auch 2 Scouts.
Der Park darf nicht ohne die mit Gewehr bewaffneten Aufpasser betreten werden zum Schutz von Wildlife und Tourists, momoll. Mit dem Küchenmaterial, Food für die nächsten 5 Tage ist der Dino gut gefüllt.
Meine inneren Widerstände kann ich bis am Nachmittag nicht lösen und so begleite ich Lukas im Dino zum Sankaber Camp, dem ersten Camp.
Das Konzept des Parks scheint mir recht einfach – man läuft immer der Krete nach, die Simien Mountains brechen über 1'000 bis 2'000 Meter brutal impostant ab.
Am nächsten Morgen bin ich unmerklich besserer Wanderlaune – der Weg verläuft quasi parallell zur Strasse. Der Nationalpark, 1969 gegründet und scheinbar auch mit Schweizer Hilfe und eines Hans Hurni aufgebaut.
Doch mit dem Sturz des letzten Kaisers Haile Selassie I. und des Militärputsches 1974 übernahm Menegistu Haile Maryam, ein Offizier des neuen Machtorgangs Derg, die Macht und damit veränderte sich die Situation in den Semien Mountains.
Menegistu entfesselte den „Roten Terror“ gegen die Elite der vergangenen Kaiserzeit, Maoisten und Oppositionelle und konnte mit sowjetischer und kubanischer Hilfe seine Macht ausbauen. Seine Gegner wählten die Bergregion als Operationsbasis und damit kam es zu starken Ansiedelungen im Parkgebiet.
Während des Bürgerkriegs war der Park mehrere Jahre für Besucher geschlossen und erst nach 1991 – mit der „neuen“ Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien ging die Zukunft des Nationalparks weiter.
Erst nach dem wirklich spektakulären Wasserfalls – gut, Wasser momentan eher Mangelware kann ich meine Motivationskrise überwinden – der Lunch am Bach und der Aufstieg auf die Gich-Hochebene beginnen mich zu begeistern.
Sogar der einsetzende Regen kann mich nicht mehr erschüttern und wie eine Fügung des Schicksals erreichen wir beim stärksten Wolkenbruch die Everlasting Logde auf 3'600 Höhenmetern und es gibt eiskaltes Bier...
Das Gich Camp liegt leicht oberhalb des Dorfes, welches diesen Sommer geräumt wird – die Bewohner und die von ihnen betriebene Landwirtschaft (welche mehr oder eher weniger Ausbeute liefert) ziehen in die Nähe Debarks.
Das Leben ist karg, sehr karg, nein unvorstellbar karg. Wir sind auf einer weiten Hochebene – und der kurze Abendaufstieg auf den 3'760 m hohen Kedadit überzeugen mich vollends von den Semien Mountains - der Ausblick ist nicht in Worte zu fassen. In dieser Höhe weiden Kühe, Maultiere, Schafe umringt von Gelada oder besser Bleeding Heart Baboons. Die Affen leben in Grossgruppen sind für mich die Attraktion. Besser als jeder Film lassen die nicht sehr scheuen Tiere einem an ihrem Leben hemmungslos teilhaben und übertreffen sich andauernd mit noch besseren Momenten...









Die Nutztiere werden von Hirtenkindern getrieben – barfuss oder maximal in Plastiksandalen, die spärliche Bekleidung wird mit einer Wolldecke, welche quasi Allwetterfunktion hat, überdeckt. Die noch sehr jungen Buben und Mädchen sind in der unwirtlichen Gegend aber voll die Chefs – sie rennen den Tieren nach und mit Einbruch der Dämmerung treiben sie die Tiere dorfwärts in den Schutz vor Hyänen und Schakalen.
Ich bin tief beeindruckt über die Neugier und das Lachen, sie Kinder sind irgendwie eins mit ihrem Dasein in unendlicher Geduld. Auf dem Gipfel treffe ich den Hirtenjungen Jemal und er will wissen, woher ich bin. Auf meine Antwort „Switzerland“ meint er spontan „do you know Professor Hans?“.
So kombiniere ich, dass dieser Hans Hurni also Professor (an der Universität Bern) ist und Jemals Lächeln nach zu urteilen, eine beliebte Respektsperson ist. Und so ist die kurze Konversation und das Zusammentreffen irgendwie ein kleiner, aber grossartiger Moment!
Die Nacht ist regenfrei aber sehr windig und folglich saukalt – frühmorgens erklimmen wir den Imet Gogo auf 3'926 m und dann werden wir auf dem 7 stündigen Weg ins Chennek Camp so regelrecht verschifft.
Der Lunch auf 4'070 m – ich unter dem Fels geschützt – umringt von Hirtenkindern nicht ganz so ausgerüstet wie ich...
Gut hat Lukas während unserer Tour den Dino dorthin gebracht und auf einmal bin ich ganz dankbar, dass die Strasse durch den Nationalpark führt - die Wärme des Dinos und der GT sind unsere Rettung.
Am letzten Tag besteigen wir den Bwahit auf 4'430 m – unsere Lungen sind schon gut trainiert und wir schaffen den Aufstieg entlang des Abgrunds mit links.
Über hohe Felswände fällt das Gelände in die Tiefe – an einer Stelle, grad neben der Strasse hätten die Dergs im Bürgerkrieg ihre Feinde im freien Fall exekutiert – wer nicht erschossen wurde, konnte über die Klippe springen. Neugierig frage ich Fenta, ob man unterdessen, Jahre später, die Leichen geborgen hätte. Seine trockene Antwort: No need, die Lämmergeier und Hyänen hätten das damals sofort erledigt... Wir begegnen neben vielen Geladas dem Abessinischen Steinbock – fast wie im Flüelatal...
Die einmalige Rundsicht auf viele Dörfer und weit hinten auf den Ras Dejen, den mit 4'533 m der höchste Berg Äthiopiens macht uns stolz.









Den Nachmittag mit Sonne im Camp – Ruarto, der Koch, verwöhnt uns nochmals wie die Abende zuvor mit einem Menu, dass wir an der 4'000er Grenze nicht erwartet hätten.
Und es gibt sogar Äthiopischen Wein und wir beenden unsere unvergessliche Tour gemütlich am Campfire. Manchmal braucht es ein bisschen länger – aber nun verstehe ich, wieso dieses Land das „Dach Afrikas“ genannt wird...

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