Sonntag, 26. April 2015

Endstation Wadi Halfa

Nach einer chilligen Nacht am Nilufer unter Dattelpalmen beginnt unser letzter Tag im Sudan. Wir werden in Wadi Halfa die Ausreise vorbereiten und dann über die neue, erst vor kurzem eröffnete Wüstenstrasse Ägypten, als letztes Land der Transafrica bereisen.
Bis vor kurzem musste man das ganze Manöver über’s Wasser machen – Fahrzeug und Passagiere getrennt, die Frachtfähre nur einmal wöchentlich, was zur Geduldsprobe wurde. Dieses Hindernis scheint verbessert...
Die heutigen 180 km zum Grenzort verlaufen dem Nil entlang durch wunderschöne, einsame Wüste – die tolle Strasse hat so ein Gefühl von Freiheit à la Thelma und Louise...
Dann Wadi Halfa - jahrhundertelang ein wichtiger Handelsort und Nilhafen an der Nordgrenze des nubischen Kulturraumes.
Später Militärstützpunkt für die Briten beim Madhi-Angriff, dann Eisenbahn-Endstation der Nilbahn nach Khartoum. Und mit all dem viel kolonialer Glamour, der heute im Nubia-/Nassersee versenkt ist.
Mit dem Bau des Assuan Hochdammes mussten 1964 50'000 Menschen umgesiedelt werden und die Schönheiten des Ortes mit der gepflegten Nilpromenade, den breiten Alleen, mehrstöckigen Kolonialhäusern und ganze Dattelpalmenwälder wurden regelrecht ersäuft.
Die meisten Weggezogenen fanden im Osten an der Grenze zu Äthiopien/Eritrea im Rahmen eines Landwirtschaftsprojekts "New Halfa" neue Chancen, die wenigen Verbliebenen trotzten den drastischen Repressionen der damaligen Militärregierung und konnten eine neue Siedlung aufbauen.
Einem Aufschwung in den 1970er Jahren folgte eine erneute Verschlechterung aufgrund der politischen Spannungen mit dem nördlichen Nachbarn – Grenzlinie und Wassernutzung waren die Themen. Heute, auch mit der neuen Strasse, hat man Hoffnung – aber ein neues Projekt einer durchgehenden Strasse auf der anderen Nilseite könnte doch der Todesstoss werden.
Der Ort ist irgendwie so typisch für die Reise, unscheinbar und unspektakulär – aber wenn man sich damit befasst, erlebt man ganz viel Geschichte und da wir ziemlich viel Zeit haben sich im Städtchen rumzutreiben und Tee zu trinken, bin ich ziemlich fasziniert von Land und Leuten.
Wir übernachten bei Magdi – er ist zuständig uns am folgenden Tag über die Grenze zu bringen, resp. die sudanische Ausreise zu unterstützen.
Nach der Nacht in dem Innenhof seines Hauses – mit einer herzlichen Gastfreundschaft – stellen wir uns auf einen langen Tag ein. Und wieder die Ausreise geht recht flott... der Sudan ist irgendwie ein Geheimtipp, ich glaub sogar mein Favorit unter den 11 Ländern – würde ich jederzeit empfehlen.
Das Transitland zwischen dem hellen Norden und dem schwarzen Süden – viel Geschichte, ansteckende Kultur, endlose Wüsten, viel Weite, beeindruckende Monumente und Ruinen – und das alles mit Menschen, die einem unaufgeregt, herzlich, interessiert und gastfreundlich begegnen.
Und so wurden wir zu vielen süssen Tees eingeladen und als Schweizer ist man ohnehin gerngesehen.
Zusammengefasst: helle Begeisterung – nur das Ausreise Formular gibt mir leicht zu denken...

Der Grenzposten ist neu – auf der sudanesischen Seite eher futuristisch, die ägyptische kitschig üppig.
Und wie das Äussere ist dann auch die Einreise - und dazu unvorstellbar kompliziert und machohaft – der Dino bleibt grad mal in Quarantäne. Weil der Namen des Fahrer und des Fahrzeughalters im gelben Carnet nicht übereinstimmen, wird er im Zoll blockiert. Eine Story, die man irgendwie in jedem anderen Land erwartet hätte, aber nicht hier. Der Gewinn der neuen Strasse kann nicht in die Realität gerettet werden...
Wir reisen per öffentlichem Bus (auch der üppig kitschig) weiter – zur Fähre, die uns gerade noch vor der Nase abfährt. Zu Sonnenuntergang sind wir dann endlich in Abu Simbel – end of a long day...

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