Dienstag, 17. Februar 2015

Projekte und Bedürfnisse

Sambia ist auch am nächsten Tag immer noch scheinbar unbevölkert und grün. Mehr als die Hälfte der Sambier leben in den Metropolen konzentriert – in einem Land, das grösser ist, als die Fläche von Frankreich, England und Irland zusammen. Wir brausen die Great Road North weiter und ich hab mich durchgesetzt, dass wir einen Bahnhof der TAZARA (Tanzania Zambia Railway) besichtigen.
Kalonje - stellvertretend für die 93 Bahnhöfe entlang der 1'864 km langen Linie von Dar-es-Salaam bis Kapiri Mposhi – total verlottert und verlassen. Er könnte als beste Kulisse für den „Besuch der alten Dame“  oder mit ein bisschen Fantasie für anregend anzügliche Fotoaufnahmen dienen. Die Eisenbahnverbindung wurde 1970 gebaut – ein wichtiges Projekt für Sambia und Tansania, beide Staaten kurz nach ihrer Unabhängigkeit auf der Suche nach grossen Erfolgen. Die bisherigen Transportwege für das eingeklemmte Sambia durch Süd Rhodesien und Namibia kamen durch die politische Entwicklung unter Druck und die beiden Präsidenten Julius Nyerere (Tansania) und Kenneth Kaunda (Sambia) suchten nach Möglichkeiten, ihr grosses Vorhaben zu finanzieren. Sie fanden ihren Partner in den Chinesen, was die westliche und östliche Welt in der Zeit des Kalten Krieges nicht begeistert aufnahm. Nyereres Ausspruch 1965 finde ich beeindruckend ehrlich: „...all the money in this world is either Red or Blue. I do not have my own Green money, so where can I get some from? I am not taking a cold war position. All I want is money to build it.“
China hatte natürlich nicht ganz uneigennützig einen Transportweg für die grossen Sambias Kupfervorkommen gesichert. Und so kam es, dass innert 5 Jahren eine schlüsselfertige Eisenbahn gebaut wurde, die nie so richtig zum Laufen kam – der Verkehr verlagerte sich bald auf die daneben gebaute Asphalt Strasse. Und so serbelt die Bahn vor sich hin. Es zeigt beispielhaft, dass die Entwicklungszusammenarbeit oft nicht das hervorbringt, was die Bevölkerung wirklich braucht – es ist gut nachvollziehbar, dass rund um den Kalonje Bahnhof ganz andere Themen beschäftigen, als „Bookings“ zu machen oder „Luggage“ aufzugeben...
Wir haben Glück - kurz nach unserer Ankunft kommt der Zug westbound, was ein gutes Timing ist, wenn man bedenkt, dass nur 2 Züge pro Woche durchfahren). Bei unserer Bahnhofvisite sind wir für die Dorfkinder die Attraktion und es ergeben sich herzliche Begegnungen... es ist ein Heidenspass, wenn sich die anfängliche Scheu in richtig aufgedrehtes Vertrauen wechselt und jede und jeder nochmals für ein Foto posieren will.
Sambia hat letztes Jahr seinen 50. Geburtstag der Unabhängigkeit gefeiert – bis heute ohne grössere Zwischenfälle, abzusehen von den üblichen Schwierigkeiten, die sich mit dem Thema Macht so zwangsläufig ergeben. Eine beeindruckende Leistung – bei uns vergesse ich jeweils, dass Demokratie und ein stabiles Staatswesen nicht selbstverständlich ist.








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